Tennis Borussia 03.08.2007

Ein Fluch ohne Ende

Ein Autatmen ging durch die Fanszene, als das von Peinlichkeiten und Pleiten gepflasterte Kapitel Peter Antony bei Tennis Borussia endlich beendet schien. Nun scheint er ein Comeback zu feiern - und er hat gleich noch einen Freund mitgebracht...

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Vor wenigen Monaten ließ eine Äußerung des damaligen TeBe-Präsidenten Peter Antony gegenüber dem Tagesspiegel aufhorchen: Die hasserfüllten Anfeindungen in den Fußballstadien des Nordostens gegen Spieler und Fans Tennis Borussias als "Juden" hätten mittlerweile ein dermaßen unerträgliches Ausmaß angenommen, dass der Verein ernsthaft erwäge, sich aus der Oberliga zurückzuziehen, klagte Antony.

Man kann unserer Fanszene sicherlich nicht nachsagen, dass sie für das Thema Antisemitismus nicht sensibilisiert ist, aber diese verantwortungslos reißerische als auch unsinnige Aussage rief schon damals nur Kopfschütteln hervor. Man hatte Antony nach den gesammelten Peinlichkeiten der vergangenen Jahre einiges zugetraut, aber ein derart schäbiges Ablenkungsmanöver (der Verein bewegte sich unter Peter Antonys Führung gerade am Rande der Zahlungsunfähigkeit) auf dem Rücken dieses ernsten Themas war eine neue Qualität.

Ende der 90er, als uns in den Stadien der damaligen Regionalliga Nordost tausendkehliger Hass und blanker Antisemitismus entgegenschallten, wäre Antonys Beschreibung der Zustände noch absolut zutreffend gewesen. Heute jedoch tingelt TeBe über die Dorfplätze der verschlafenen Oberliga Nordost/Nord, auf denen sich zumeist wenige hundert, mehrheitlich introvertierte Zuschauer einfinden. Rein statistisch wäre es ein Wunder, wenn man hier keine antisemitischen Ressentiments anträfe, aber zumindest werden diese hier im Allgemeinen für sich behalten. Und als TeBe-Fan kann man sich - vor wenigen Jahren noch völlig undenkbar - in jedem Stadion der Liga gefahrlos bewegen.

Es gibt nur einen Club, bei dem das nach wie vor unmöglich ist: Der BFC Dynamo. Ein Verein, dessen Fanszene bereits seit Mitte der 80er dafür berüchtigt ist, Tummelplatz für Neonazikader und rechtsradikale Kameradschaften zu sein. Am berüchtigten Überfall auf das Konzert in der Ostberliner Zionskirche im Oktober 1987 waren führende BFC-Hooligans wie Jens-Uwe Vogt, Ronald Busse und Sven Ebert maßgeblich beteiligt. Allzuviel geändert hat sich seitdem nicht. Vogt ist noch heute beim BFC Dynamo aktiv und sponsorte mit seinem Hooligan-Wear-Label "Freunde der dritten Halbzeit" bis zuletzt eine Werbebande im Sportforum, die Rechte am BFC-Logo hielt das Hells Angels-Mitglied André Sommer. Die Verflechtungen vieler Fans wie auch Vereinsoffizieller des BFC zur Hooligan- und Nazi-Szene sind in diversesten Publikationen hinreichend dokumentiert. Und bei einem Gastspiel im Sportforum Hohenschönhausen darf man bis heute all die Begleiterscheinungen erleben, die einem den Spaß am Fußball komplett vermiesen können: Bedrohungen, Rassismus, Antisemitismus.

Präsident des BFC Dynamo während der vergangenen Jahre war ein gewisser Mario Weinkauf, bis er vor kurzem Opfer eines internen Machtkampfes wurde. Seitdem stilisiert er sich den Medien gegenüber gerne als gescheiterter Widerstandskämpfer, der beim BFC aufräumen wollte und dem sein angeblich so couragiertes Vorgehen zum Verhängnis wurde. Faninitiativen als auch Journalisten, die sich in den vergangenen Jahren mit dem Thema Rechtsradikalimus beim BFC auseinandergesetzt haben, spürten davon allerdings nichts. Ganz im Gegenteil: Wer die Zustände beim BFC beim Namen nannte, wurde nicht selten durch Weinkauf angefeindet und diffamiert.

Mario Weinkauf war es auch, der kein Problem damit hatte, Sponsorengelder nicht nur von Vogt anzunehmen, sondern auch von Unternehmen wie "Odins Klinge" oder dem "Germanenhof" und dies auf abenteuerliche Weise rechtfertigte. Nach dem Spielabbruch gegen den 1.FC Union richtete Weinkauf vor laufenden Kameras die absurdesten Schuldzuweisungen an alle möglichen Adressen - nur nicht an die des eigenen Anhangs, der soeben den Platz gestürmt und den Union-Block angegriffen hatte. Mario Weinkauf war es, der Peter Meyer zum BFC Dynamo holte. Jenen Peter Meyer, der kürzlich vor Gericht stand, weil ihm zur Last gelegt wurde, beim Auswärtsspiel in Babelsberg den Platz gestürmt und einen Babelsberger Fan krankenhausreif geschlagen zu haben. Trotz mehrerer Zeugenaussagen konnte die Schuld Meyers nicht eindeutig nachgewiesen werden, so dass das Gericht ihn "mit Bauchschmerzen" freisprach. Das Verfahren wird in Kürze wieder aufgenommen.

Für Mario Weinkauf kein Grund, an der Integrität Meyers zu zweifeln. Selbst vor zwei Monaten, als Weinkauf noch um seine Zukunft beim BFC kämpfte, bekundete er gegenüber der taz, dass er zu einer Zusammenarbeit mit Meyer bereit sei. Geholfen hat ihm das alles nichts, Meyer entsorgte seinen Ziehvater und bestimmt mittlerweile selber, wo es beim BFC langgeht.

Nun sollte man angesichts der eingangs zitierten Äußerungen des Herrn Antony annehmen, dass dieser ein ganz besonderes Problem mit dem BFC Dynamo und seinen Protagonisten hat - ist das Sportforum schließlich der einzige Ort der Liga, an dem TeBe in schöner Regelmäßigkeit lautstark als "Judenverein" beschimpft wird. Doch weit gefehlt: Zu Mario Weinkauf pflegt Antony nicht nur seit Jahren gute Beziehungen, sondern lotste nun auch noch gemeinsam mit diesem den Sponsor "Treasure AG" zu Tennis Borussia. Dieser wollte noch wenige Tage zuvor ganz groß beim BFC einsteigen, hatte sein Engagement allerdings vom Verbleiben Weinkaufs abhängig gemacht. Nun also stand dieser Sponsor plötzlich im Schlepptau von Weinkauf und Antony bei TeBe in der Tür. Während der kommenden 3 Jahre sollen 1,5 Millionen Euro in den Club investiert werden. Am Dienstag platzte die Bombe in den Medien, am Freitag bereits fuhren vier durch den Sponsor zur Verfügung gestellte Mini Cooper in lilaweiß im Mommsenstadion vor. 300 000 Euro sollen ebenfalls bereits auf dem Konto Tennis Borussias eingegangen sein.

Innerhalb der Fanszene sorgte die Meldung für vieles zugleich: Ungläubiges Staunen, Euphorie, Skepsis, Verwirrung. Keiner von uns, der sich nicht wünschte, mit TeBe endlich wieder etwas höhere Ziele in Angriff nehmen zu können und dabei Unterstützung durch einen potenten Sponsor zu erfahren. Die Freude über den unverhofften "Lottogewinn" vermischte sich jedoch mit großem Unbehagen, das vor allem mit der Peson Weinkauf zusammenhing. Weinkauf soll laut Medienberichten gemeinsam mit Antony die neue Doppelspitze der "TeBe Marketing GmbH" bilden. Für viele von uns, die sich seit Jahren antirassistisch engagieren, ein Schlag ins Gesicht. Verschlimmert wurde das ganze noch durch die "Diskussionsbeiträge" des Peter Antony in diversen Internetforen. Völlig normal sei es, dass Weinkauf seinen Anhang verteidigt hätte, das müsse man als Präsident schließlich. Außerdem habe Antony seinen "langjährigen Freund Mario Weinkauf immer als untadeligen Menschen" erlebt und überhaupt frage er sich, ob die TeBe-Szene "tatsächlich so tolerant und weltoffen" sei, wie sie immer von sich behaupte - ansonsten würde sie Herrn Weinkauf doch viel freundlicher empfangen. Danke Herr Antony - peinlicher kann man nicht dokumentieren, dass man nichts, aber rein gar nichts verstanden hat (oder verstehen will)!

Schon während der vergangenen Jahre hatte Antony regelmäßig dafür gesorgt, dass sich TeBe nach allen Regeln der Kunst lächerlich machte. Vor zwei Jahren beispielsweise tönte er vor Saisonbeginn, die Mannschaft des 1.FC Union gehöre eher in die Geriatrie als auf ein Fußballfeld. In den Folgemonaten steuerte die für Oberligaverhältnisse durchaus luxuriös ausgestattete TeBe-Elf zielstrebig den Tabellenkeller an, befand sich monatelang im Abstiegskampf und konnte sich erst, nachdem im Winter auf dem Transfermarkt nochmal kräftig zugeschlagen wurde, in die Tabellenregionen bewegen, die von vornherein angepeilt gewesen waren. Für den Aufstieg freilich war es schon längst zu spät. Diesen sicherte sich übrigens die Mannschaft des 1.FC Union. Dass man aus Schaden nicht unbedingt klug wird, bewies Antony im Folgejahr. Diesmal war der SV Babelsberg Zielscheibe des Spottes und man bekam das Gefühl, TeBe stünde schon vor Saisonbeginn als Aufsteiger fest. Dumm nur, dass die Mannschaft bereits nach wenigen Wochen 11 Punkte hinter dem SVB zurücklag. Noch dümmer, dass Antony Sponsorenverträge abgeschlossen hatte, die zum Inhalt hatten, dass Gelder nur dann fließen, wenn TeBe auf dem Aufstiegsplatz steht. Da TeBe das während der kompletten Saison nicht ein einziges Mal gelang, wurde die Finanzlage sehr bald bedrohlich - monatelang stand der Verein am Rande eines Insolvenzverfahrens und konnte erst durch eine Finanzspritze Willy Kauschs gerettet werden.

Peter Antony sah man in all den Monaten, in denen TeBe um das nackte Überleben kämpfte, nicht ein einziges Mal im Stadion. Aus den Internetforen hatte er sich kleinlaut zurückgezogen, auf die Bitten der verängstigten Fans um eine Stellungnahme reagierte er nicht. Antony war schlichtweg vom Erdboden verschwunden. Nun ist er wieder da, mit Pauken und Trompeten. In manche Internetforen traut man sich, ob der großmäuligen Pöbeleien gegen andere Vereine, kaum noch hineinzuschauen. Noch vor wenigen Wochen hatte der Verein verkündet, dass man aus den Fehlern der letzten beiden Jahre gelernt hätte und zukünftig ein anderes, zurückhaltenderes Erscheinungsbild abgeben wolle...

Die peinlichen Äußerungen des Herrn Antony sind das eine. Das andere ist, dass ein Bruchpilot wie er nun scheinbar erneut eine Chance erhält (die wievielte eigentlich?), die Geschicke von TeBe mitzubestimmen. Abgesehen von unseren Bauchschmerzen fragt man sich ernsthaft, ob das im Interesse der Geldgeber sein kann.

Und vor allem nehmen von Tag zu Tag die Zweifel zu, ob es sich bei der "Treasure AG" wirklich um einen seriösen Sponsor handelt. Sollte das tatsächlich der Fall sein, was wir alle hoffen, dann muss man zumindest die Informationspolitik um diesen Deal als völlig verfehlt bezeichnen. Recherchiert man auf eigene Faust, weil einem die Sorge um die Zukunft TeBe´s keine Ruhe mehr lässt, so stößt man auf Informationen, die nur wenig vertrauenerweckend sind. Im Detail gehört das nicht hierher, warten wir zunächst weitere Informationen des Vereins ab.

Wir alle befanden uns seit der Mitgliederversammlung im Mai in einer Aufbruchstimmung. Wir haben uns über die aus unserer Sicht vernünftigste Einkaufspolitik seit Jahren gefreut, über das ungewohnt dezente und sympathische Auftreten unseres Vereins in der Öffentlichkeit und wir alle haben dieser für die Vereinszukunft so richtungsweisenden Saison entgegengefiebert. Diese Vorfreude ist aufgrund der Ereignisse der vergangenen Woche großer Sorge gewichen. Wir hoffen, dass es dem Verein baldmöglichst gelingt, diese Sorgen auszuräumen.

LilaLaune-Redaktion, 3.8.2007

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