Tennis Borussia 02.02.2000
Presseerklärung
Initiative "TeBe-Fans Pro Jahnstadion"
In der Hoffnung, daß der Verein trotz seiner ehrgeizigen Ziele und der kommerziellen Orientierung für die Interessen seiner Fans ein offenes Ohr hat, sind wir heute mit unserem Verein in einen Dialog über diese wichtige Zukunftsentscheidung getreten. Aus unserer Sicht gibt es eine Reihe von Gründen, die für eine Entscheidung pro Jahnsportpark sprechen:
1. Angemessene Größe
Wir als Fans wünschen uns einen behutsamen Aufbau des Vereins und halten nichts davon, sich derzeit mit Massenvereinen, wie Hertha BSC zweifellos einer ist, messen zu wollen. Tennis Borussia sollte akzeptieren, daß der Verein nach seiner erfolgreichen Zeit bis hinein in die 50er Jahre stark aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden ist und sich seine Anhängerschaft erst wieder erarbeiten muß, wofür sportlicher Erfolg nur einer von vielen Aspekten ist.
Als Anhänger würden wir unseren Verein gerne in einem den zu erwartenden Zuschauerzahlen angemessenen Stadion spielen sehen und hielten es für puren Masochismus, TeBe in einem Stadion mit einem Fassungsvermögen von 76 000 Plätzen antreten zu lassen. Bei einer angenommenen Zuschauerzahl von beispielsweise 15 000 gegen einen durchschnittlich attraktiven Gegner würde man Stadionatmosphäre ebenso vermissen, wie man das in früheren Zeiten z.T. bei Blau-Weiß 90 oder Tasmania erlebt hat und der Funke könnte nur schwer von einem im weiten Rund verstreuten Publikum auf die Mannschaft überspringen. Die gleiche oder sogar eine geringere Zuschauerzahl wäre jedoch im Jahnsportpark schon Garant für eine gewisse Atmosphäre, die sowohl für die Zuschauer als auch für die Mannschaft wichtig ist und nicht zuletzt auch die Medienberichterstattung prägt. Wir halten es für keinen Makel, daß TeBe derzeit noch nicht über ein Zuschauerpotential verfügt wie Hertha BSC oder Union in den östlichen Bezirken, solange aus diesem Faktum die richtigen Schlüsse gezogen werden. Es gibt auch andere Bundesligisten, die in einem vergleichsweise kleinem Stadion attraktiven und erfolgreichen Fußball spielen.
2. Back to the Roots
Gerade im früheren Ostteil der Stadt haftet TeBe zum Teil noch das Klischee vom eltitären Westberliner Vorortklub an. Tennis Borussia hat jedoch seine Wurzeln in Berlin-Mitte und auch einen Teil seiner langen Geschichte dort verbracht. Wenn man sich in unserer Fanszene umschaut, dann ist Tennis Borussia weder ein Klub der Besserverdienenden noch einer der `Westberliner`, schon jetzt kommt ein nicht unbeträchtlicher Teil des Fanblocks beispielsweise aus Mitte, Prenzlauer Berg, Friedrichshain und auch Marzahn (unter anderem gibt es einen sehr aktiven und diese Initiative mittragenden Fanclub "Berlin-Mitte"). Ein Wechsel in das Herz von Berlin hatte seinerzeit auch schon für Alba Berlin trotz negativer Prognosen sehr positive Folgen und würde auch unserem Verein gut tun.
3. Potenzial im Zentrum
Wir als Fans wünschen uns eine von Hertha und Union unabhängige Identität TeBe´s. Traumhaft für uns wäre es, wenn TeBe auch bei den voraussichtlichen "Knüllern" gegen Bayern, Dortmund oder Schalke im Jahnstadion bleiben würde (eine Ausnahme müsste man möglicherweise beim Lokalderby machen), was sicherlich auch sportlich von großem Vorteil wäre. Am Beispiel Hamburgs zeigt sich, daß der FC St.Pauli aus den Fehlern nach seinem ersten Bundesligaaufstieg 1976 (wo man ins Volksparkstadion umzog) gelernt hat und seit dem zweiten Aufstieg konsequent am Millerntorstadion (vergleichbare Kapazität) festgehalten hat, auch zu den Zeiten, als man in der Bundesliga um einen UEFA-Cup-Platz mitspielte. Ein Großteil der TeBe-Fans sympathisiert mit dem FC St.Pauli bzw. pflegt Kontakte zu dessen Fanszene und wünscht sich in Berlin ebenfalls ein Stadion inmitten eines Kneipenkiezes, wie es der Prenzlauer Berg und der angrenzende Wedding sind. Fußballkultur lässt sich nicht auf die 90 Minuten zwischen An- und Abpfiff reduzieren, sondern wird auch durch das "Drumherum" geprägt! Die große und vermutlich einzige Chance TeBe´s liegt in einer vollkommen eigenständigen Identität, für die eine eigene Spielstätte unerlässlich ist.
Wir glauben, daß der Verein Tennis Borussia mit einer Entscheidung zugunsten des Jahnstadions nicht nur uns Fans, sondern auch sich selbst einen großen Gefallen tun würde. Die Ziele der Vereinsführung/des Geldgebers und die der Fans sind naturgemäß nicht immer hundertprozentig deckungsgleich. Dennoch sind auch für den Verein eine intakte Fankultur und eine gute Stadionatmosphäre von existentieller Bedeutung. Wenn durch die bessere Atmosphäre im Jahnstadion allein zwei Spiele mehr gewonnen würden als in einem zu zwei Dritteln leeren Olympiastadion, könnten diese 6 Punkte schon einen Riesensprung in der Tabelle bedeuten, egal, in welchen Regionen man sich befinden sollte. Auch Winni Schäfer zeigte sich in einer Diskussion im vergangenen Jahr unseren Argumenten durchaus zugänglich.
Wir hoffen sehr, daß der Verein in dieser Frage seine Fanfreundlichkeit unter Beweis stellt und mit uns in einen produktiven Diskussionsprozeß tritt. Als langjährige Fans sehen wir uns als wesentlichen Bestandteil der Vereinskultur und wollen unser Fansein nicht nur auf den Kauf von Merchandising-Artikeln beschränken. Unsere Initiative wird in dieser Frage weiterhin aktiv bleiben.
gez. Initiative "TeBe-Fans pro Jahnstadion"
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